Vergaberecht Koalitionsvertrag Ampel

Quo vadis Vergaberecht?

Eine Analyse der Ziele der „Ampel-Koalition“ im Koalitionsvertrag zum künftigen Vergaberecht.

SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN UND FDP haben geliefert. Auch zur Zukunft des Vergaberechts. Nach nur wenigen Wochen ist ein 178seitiger Leitfaden für die zukünftige Gestaltung Deutschlands in den Jahren 2021 – 2025 entstanden. Das Motto:

Mehr Fortschritt wagen
Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit

Koalitionsvertrag 2021 – 2025 zwischen der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD), BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN und den Freien Demokraten (FDP)

Zum Fortschitt zählt nach den Zielen der zukünftigen Bundesregierung auch eine Modernisierung des Vergaberechts. Sage und schreibe 20 unterschiedliche Themen werden angesprochen. Über das ganze Papier verteilt. Zum Teil mit weiteren Unterpunkten. Auch wenn ich nicht alles gut finde, auch wenn Fragen offen bleiben, die Richtung stimmt:

Vergaberecht Koalitionsvertrag Ampel
Durch einen Klick auf das Bild gelangen Sie in die verlinkte Mindmap. Dort ist bei jedem Button die Fundstelle aus dem Koalitionsvertrag und der Originaltext als Zitat hinterlegt. Auch den Koalitionsvertrag selbst finden Sie dort. Viel Spaß beim Durchklicken!

Vergaberecht

Die zentralen Aussagen haben die Koalitionsparteien im Kapitel III – Klimaschutz in einer sozial-ökologischen Marktwirtschaft / Abschnitt – Wirtschaft / Unterabschnitt – Vergaberecht (S. 33 f.) zusammengefasst:

  • Vergabeverfahren sollen vereinfacht, professionalisiert, digitalisiert und beschleunigt werden.
  • Die öffentliche Beschaffung und Vergabe will die künftige Regierung wirtschaftlich,sozial, ökologisch und innovativ ausrichten.
  • Die Verbindlichkeit soll gestärkt werden, ohne dabei die Rechtssicherheit von Vergabeentscheidungen zugefährden und ohne die Zugangshürden für den Mittelstand zu erhöhen.
  • Im nationalen Vergaberecht sollen die bestehenden Anforderungen entsprechend des europäischen Vergaberechts präzisiert werden.
    Ein guter Gedanke, wenn dabei eine noch stärkere Angleichung der Vergaben unter- und oberhalb der Schwellenwerte erreicht wird.
  • Die öffentliche Hand soll sich am Aufbau eines Systems zur Berechnung von Klima- und Umweltkosten beteiligen.
  • Die Bundesregierung will eine rechtssichere Digitalisierung in diesem Bereich vorantreiben und dazu eine anwenderfreundliche zentrale Plattform schaffen, über die alle öffentlichen Vergaben zugänglich sind und die eine Präqualifizierung der Unternehmen ermöglicht.
  • Die zukünftige Regierung will schnelle Entscheidungen bei Vergabeverfahren der öffentlichen Hand fördern, sowie Länder und Kommunen bei der Vereinfachung, Digitalisierung und Nachhaltigkeit unterstützen.

Schlüsseltechnologie/Maritime Wirtschaft

  • Vergabeverfahren sollen beschleunigt werden unter der konsequenten Einstufung des Marine-Unter- und Überwasserschiffbaus sowie des Behörden- und Forschungsschiffbaus als Schlüsseltechnologien inklusive der Instandhaltung.

Mittelstand, Handwerk und Freie Berufe

  • Die zukünftige Wirtschaftspolitik setzt auf zukunftsorientierte Rahmenbedingungen für einen wettbewerbsfähigen Mittelstand, für ein starkes Handwerk und für Freie Berufe. Hierfür sollen die Beteiligungsmöglichkeiten von kleinen und mittleren Betrieben an Vergabeverfahren gestärkt werden.

Nachhaltigkeitsstrategie

  • Die Bundesregierung erhöht die Verbindlichkeit von Nachhaltigkeitsstrategien, -zielen und -programmen im konkreten Regierungshandeln und bei der Erstellung von Gesetzen und stärken parlamentarische Beteiligungsrechte. Die öffentliche Hand geht bei ihrer Beschaffung mit gutem Beispiel voran.

Digitale Infrastruktur / Frequenzvergabe

  • Frequenzvergabe werden auf Vorgaben für Flächenversorgung ausgerichtet, auch negative Auktionen sollen zum Einsatz kommen.

Öffentlicher Verkehr und neue Mobilitätsangebote

  • Die Regierung will sich für faire Arbeitsbedingungen im ÖPNV einsetzen. Zu diesem Zweck wird die Tariftreue gestärkt und die gesetzliche Grundlage dafür geschaffen, Tarifverträge zur Bedingung bei Ausschreibungen zu machen. Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe zu berücksichtigen. Am Vorrang eigenwirtschaftlicher Verkehre wird festgehalten.

Gov- und EduTech-Start-ups

  • Öffentliche Ausschreibungen und Beschaffungsprozesse werden, z. B. für Gov- und EduTech-Start-ups, einfacher gestatltet.

Bundeswehr

  • Unsere Soldatinnen und Soldaten leisten einen unverzichtbaren Beitrag zur Internationalen Sicherheit. Wir verbessern ihre Ausrüstung wie auch die der Bundeswehr. Wir beschleunigen die Modernisierung der Infrastruktur. Wir richten die Schwerpunkte bei der Beschaffung der Bundeswehr strategisch aus und modernisieren das Beschaffungswesen und seine Strukturen. Dies betrifft auch Materialverantwortung und Nutzung. Besondere Bedeutung kommen bei der Beschaffung der Digitalisierung, der Führungsfähigkeit und der Interoperabilität zu.

Öffentlich Private Partnerschaften

  • Bei Kernaufgaben des Staates verbleibt es grundsätzlich bei einer staatlichen Umsetzung und Finanzierung. Ausgewählte Einzelprojekte und Beschaffungen können im Rahmen Öffentlich-Privater Partnerschaften (ÖPP) umgesetzt werden. Dabei muss – unter Einbeziehung der Risiken – nach einheitlichen Kriterien durch eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung gezeigt werden, dass die Umsetzung eines konkreten ÖPP-Projektes wirtschaftlicher ist. Ein Controlling und die exekutive, parlamentarische und öffentliche Kontrolle sind sicherzustellen. Die jeweiligen Ergebnisse, inklusive der Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen und vergebenen Verträge, müssen transparent im Internet veröffentlicht werden. Die Methodik für die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung von ÖPP-Projekten wird unter Berücksichtigung bestehender Empfehlungen des Bundesrechnungshofes weiterentwickelt und an den Stand der Wissenschaft angepasst.

Tarifautonomie

  • Zur Stärkung der Tarifbindung wird die öffentliche Auftragsvergabe des Bundes an die Einhaltung eines repräsentativen Tarifvertrages der jeweiligen Branche gebunden, wobei die Vergabe auf einer einfachen, unbürokratischen Erklärung beruht.

Wirtschaftsprüfung

  • Die Wirtschaftsprüfung ist von großem öffentlichem Interesse. Die Unabhängigkeit der Wirtschaftsprüferinnen und Wirtschaftsprüfer soll weiter gestärkt und der hohen Konzentration auf dem Abschlussprüfungsmarkt mit geeigneten Maßnahmen, beispielsweise bei der öffentlichen Auftragsvergabe, entgegentreten werden.

Leitmärkte für grünen Wasserstoff

  • Neben dem Ausbau der Infrastruktur will die künftige Bundesregierung die Ziele zur Elektrolyseleistung deutlich erhöhen, europäische und internationale Klima- und Energiepartnerschaften für klimaneutralen Wasserstoff und seine Derivate auf Augenhöhe vorantreiben und Quoten für grünen Wasserstoff in der öffentlichen Beschaffung einführen, um Leitmärkte zu schaffen.In Deutschland wird die Produktion von grünem Wasserstoff gefördert werden. Im Interesse eines zügigen Markthochlaufs sollen zukunftsfähige Technologien auch dann gefördert werden, wenn die Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff noch nicht ausreichend sichergestellt ist. Der Einsatz von Wasserstoff soll nicht auf bestimmte Anwendungsfelder begrenzen werden. Grüner Wasserstoff sollte vorrangig in den Wirtschaftssektoren genutzt werden, in denen es nicht möglich ist, Verfahren und Prozesse durch eine direkte Elektrifizierung auf Treibhausgasneutralität umzustellen.

Klimafreundliche Produkte

  • Sichere Absatzmärkte für klimafreundliche Produkte sollen durch Mindestquoten in der öffentlichen Beschaffung geschaffen werden.

IT-Beschaffungen des Bundes

  • Für IT-Beschaffungen des Bundes werden Zertifizierungen wie z. B. der Blaue Engel Standard. Ersatzteile und Softwareupdates für IT-Geräte müssen für die übliche Nutzungsdauer verpflichtend verfügbar sein. Dies ist den Nutzerinnen und Nutzern transparent zu machen.

Ein engagiertes unsd straffes Arbeitsprogramm liegt vor der neuen Bundesregierung. Dieser Koalitionsvertrag zeigt, dass das öffentliche Beschaffungswesen in den Köpfen angekommen ist. Und dass es Teil eines fortschrittlichen Bündnisses für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit ist. Es bleibt spannend!

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